
Trotz einer kämpferisch bärenstarken Leistung und unter erschwerten Bedingungen musste sich die MT Melsungen der HSG Rodgau/Nieder-Roden mit 24:28 (14:14) geschlagen geben. Mit zwei frühen Roten Karten im Gepäck packten die Nordhessen alles an Emotionen und Leidenschaft aus, vermochten diesen Malus aber über die Dauer der Spielzeit nicht auszugleichen.
Was war das schon für eine erste Hälfte in diesen heißen Hessenderby? Da war wirklich fast alles drin. Beginnend mit der ungewöhnlichen Konstellation zweier Linkshänder mit Jonas Riecke und Leander Altena im Rückraum bei der MT 2. Und mit Kim Hüter einem frisch gekürten U17-Weltmeister im Tor, der vor Anpfiff für seinen Erfolg geehrt wurde, gegen einen zweimaligen Männer-WM-Teilnehmer Sam Hoddersen auf Rodgauer Seite. Die Vorzeichen waren also hervorragend und bis zum 4:4 (8.) des zu diesem Zeitpunkt noch als Spielmacher agierenden Altena war es auch ein ordentliches Spiel mit Derbycharakter.
In das kurz darauf so richtig Gift kam. Ausgelöst durch eine etwas überharte Abwehr von Bruno Eickhoff gegen Simon Brandt. Der liegen blieb bis die Referees Rot gezückt hatten, dann aber sehr schnell wieder auf den Beinen war. Keine Minute später gerieten Benni Fitozovic und Johannes von der Au im Zweikampf aneinander, der Unterarm des Melsungers war im Gesicht seines Gegners. Analog zur Situation zuvor große Aufregung und lange Behandlung, nach der zweiten Disqualifikation gegen einen Melsungen ein zufrieden lächelnder von der Au auf dem Weg zur Bank und kurz darauf zurück auf dem Feld. Die Innenverteidigung der MT 2 damit komplett gesprengt, Rodgau in doppelter Überzahl durch Hoddersen mit 4:7 (13.) weg.
Fortan rackerten Jason Wilfer und Jona Riecke im Abwehrzentrum und machten ihre Sache, mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch, mehr als ordentlich. Von Außenseiter gegen Favorit war nichts zu sehen, Melsungen kämpfte um jeden Zentimeter Boden. Mit Erfolg. War Altena zuvor schon aus dem Rückraum erfolgreich, traf er als Fitozovic-Backup auch von Rechtsaußen. Und Riecke wollte es seinen Ex-Kollegen zeigen: Doppelpack zum 10:10 (24.). Kurz vor der Halbzeit traf Lino Duketis beim Comeback nach längerer Verletzungspause nach herrlichem Andrei-Pass sogar zur ersten rot-weißen Führung, ehe es dann doch wieder ausgeglichen in die Kabinen ging. Trotzdem: Sensationelle erste Hälfte der Gastgeber, die sich mit Leistung nicht nur gegen die Südhessen zur Wehr setzten.
Auch nach der Pause verdienten sich die Hausherren Bestnoten. Allen voran Kim Hüter mit ganz starken Paraden. Überhaupt stemmten sich alle gegen die diversen Erschwernisse, sei es ein wie auch immer falsch ausgeführter Freiwurf, ein vermeintliches Stürmerfoul von Riecke, ein nicht geahndetes Foul an Rietze. Fast alles wurde mit umso mehr Einsatz und Leidenschaft hinten wieder weggebügelt. Tore fielen, wenig verwunderlich, kaum. Da musste erst Rene Andrei für zwei Minuten runter, damit die Gäste den Raum zum Absetzen auf 15:20 (43.) nutzen konnten.
Was durchaus einer Vorentscheidung gleichkam. Auch wenn Jona Rietze sich halbrechts durchtankte, Jonathan Atting aus der Hüfte traf, Rene Andrei einen herrlichen Heber ins Netz setzte und Altena erfolgreich abschloss. Das alles half nichts mehr, weil die Südhessen die Zeit von der Uhr nahmen wo es nur ging. Und sich hinten auf ihren Schlussmann Frederic Becker verlassen konnten. Der war der Garant dafür, dass dem Tabellen-Zweiten nicht doch noch was anbrannte. Egal was durchkam, er war meistens dran und sorgte damit für einigermaßen Ruhe im eigenen Angriff.
Natürlich zeigte das Wirkung. Bemerkenswert, dass Melsungen sich gegen alle Unbillen stemmte und wirklich alles versuchte. Wie sein Gegenüber Becker lief Hüter richtig heiß. Da sprintete der frisch von der Bank gekommene Jakob König sofort einen erfolgreichen Gegenstoß und Rene Andrei passte auf dem Weg zum Tor uneigennützig rüber zum noch besser postierten Altena. Das war das 21:24 (54.) und vielleicht die letzte Chance, doch noch was zu reißen. Doch es blieb bei Rodgaus Tempoverweigerung und die letzten drei Tore von Riecke gegen seine alten Kameraden änderten schließlich nichts mehr an der, vor allen durch die Art des Zustandekommens, ärgerlichen Niederlage.
Statistik
MT Melsungen 2: Hüter (16 Paraden / 27 Gegentore), Büde (bei einem Siebenmeter, 0 P. / 1 G.); Eberhardt, Riecke 8/2, Altena 6, Reinbold, Wöhler, König 1, Fitozovic, Rietze 2, Wilfer, Andrei 3, Duketis 2/1, Eickhoff, Atting 2 – Trainer Florian Weiß.
HSG Rodgau/Nieder-Roden: Becker (15 P. / 23 G.), Höpffner (bei einem Siebenmeter, 0 P. / 1 G.); Wucherpfennig, von der Au 4, Wunderlich 1, Haus 1, Stenger 1, Kraus, Georgi, Weiland 4, Hassler, Markert 2, Hoddersen 9/3, Planken, Brandt 9, Zelser – Trainer Oliver Weiland.
Schiedsrichter: Hendrik Herbst / Antonio Oliva (Großpösna / Weinböhla) – Zeitstrafen 6 : 6 Minuten – Disqualifikation: Eickhoff (MT2, Foul 10.), Fitozovic (MT2, Foul 11.) - Strafwürfe 3/3 : 3/3 - Zuschauer: 132.
Verlauf: 0:1 (1.), 2:2 (3.), 4:4 (8.), 4:7 (13.), 6:10 (18.), 10:10 (24.), 13:12 (28.), 14:14 (Halbzeit) – 14:16 (36.), 15:20 (43.), 18:21 (48.), 19:24 (50.), 21:24 (54.), 23:26 (58.), 24:28 (Ende).