3. Liga / 30.11.2025

Nah dran am Überraschungscoup

Drei Gegenspieler? Kein Problem! Reynir Thor Stefansson bewies exaktes Augenmaß traf gleich zehnmal bei seinem Debüt für die MT 2. (Foto: Heinz Hartung)

Wieder kein Sieg, dafür ein Unentschieden, das sich wie einer anfühlt. In einem fantastischen Advents-Krimi rang die MT Melsungen 2 der favorisierten TSG Münster mit 23:23 (11:11) einen hochverdienten Punkt ab.

Es war ein Hessenderby, wie man es sich wünscht: Spannend, am Ende hochdramatisch, so dass es in der letzten Minute für beide noch hätte klappen können mit dem zweiten Zähler. Und doch als Erfolg für die Nordhessen zu werten, die in einer tags zuvor noch undenkbaren Formation antraten.

Denn die Serie der Ausfälle bei der MT 2 setzte sich auch gegen den hessischen Rivalen fort. Neben Martin Reinbold und Bruno Eickhoff musste auch Jonas Riecke passen. So dass nicht nur Max Pregler das dritte oder auch vierte Comeback seiner Karriere feierte, sondern auch Reynir Thor Stefansson zu seinem ersten offiziellen Einsatz in der Melsunger Stadtsporthalle kam. Der Isländer glänzte auch sofort mit seinem ersten Tor und einem ganz starken Anspiel auf Rene Andrei. Der Haken: Es waren jeweils Reaktionen auf Münsters Führungstreffer durch Jakob Gollan und Jonas Schneider. Ansonsten ging’s, wie vom Sportlichen Leiter Philipp Julius im Vorfeld avisiert, recht torarm zu. Schneiders zweiter Streich war das 2:4 (9.).

Klar, Münster war das eingespieltere und auch zielstrebigere Team. Die ansehnlicheren spielerischen Elemente bot Melsungen. Sei es der herrlich verzögerte Wurf von Jakob König fast von der Ecke, der neben dem langen Pfosten einschlug oder Andreis Heber zum 5:7 (13.), es wurde was geboten fürs Auge. Vor allem vom jungen Isländer, der nicht nur als Doppel-Torschütze zum 8:8 (17.) glänzte, sondern hinten auch zweimal famos blockte. Und weil König in Gegenstoß und erster Welle zuverlässig traf, zog Gästecoach Daniel Wernig nach dem vierten Streich des Linksaußen zum 11:9 (22.) Grün zur Auszeit. Klasse, was die MT 2 da in völlig ungewohnter Besetzung zeigte.

Dazu gehörte auch, dass Pregler nach kurzem Einsatz mit Ballgewinn in der Abwehr plötzlich vorn am Kreis auftauchte und dort Unruhe stiftete. Pech, dass Andrei im Gegenstoß an Johannes Jepsen scheiterte und Leander Altena krachend nur den Pfosten traf. Das machten Patrick Weber per Strafwurf und abermals Schneider besser, glichen damit kurz vor der Pause aus. Alles auf Nullstellung also nach der halben Spielzeit, das Spiel selbst bis dahin schon rassig und spannend.

Melsungen knapp neun Minuten torlos zum Ende der ersten Hälfte, nochmal zwei in der zweiten. Dann traf, nach zwei Fehlversuchen, König endlich wieder. Vorangegangen waren zwei tolle Paraden von Jensen und Pawel Krawczyk. Stefansson legte gleich noch zwei nach zum 14:12. Und noch einer glänzte: Jason Wilfer feierte hinten erst einen Block, setzte sich dann vorn gegen zwei Münsteraner durch und traf zum 15:13 (35.). Es war nicht hoch genug zu bewerten, was die Nordhessen da an Leistung anboten.

Dennoch, Erfahrung und Ausgebufftheit setzte sich langsam zu Gunsten der Gäste durch. Dazu gehörte die schnelle Reaktion von Patrick Weber nach seinem an die Latte gesetzten Strafwurf, als er sich den Abpraller angelte und den kurzen Lauf der TSG mit dem 15:16 (38.) zur nächsten Führung abschloss. Grandios, wie Melsungen antwortete. Vor allem Stefansson mit seinem siebten Treffer und Krawczyk mit seiner Doppelparade gegen Patrick Jockel und anschließend Schneider. Das war ein Hessenderby auf höchstem Drittliga-Niveau!

Die Waage geriet aus der Balance, als für Melsungen Lian Kopeinigg und Rene Andrei nur Holz trafen, Webers abgefälschter Wurf dafür ins Netz ging. Kurze Unsicherheiten bei den Hausherren, die noch einmal Weber und Timo Treber im Nachwurf gnadenlos ausnutzten – 16:20 (46.). Und als Webers zweiter unglücklich abgelenkter Ball den richtig reagierenden Krawczyk wieder auf dem falschen Fuß erwischte, schienen der MT 2 die Felle langsam davon zu schwimmen. Wären da nicht die Reaktionen von Stefansson und Altena gewesen, die rot-weiße Hoffnungen noch aufrecht erhielten.

Und doch war es nicht mehr das gleiche Spiel wie zuvor. Münster war die Befreiung deutlich anzumerken, zumal Weber als Spielgestalter all seine Erfahrung ausspielte und meist über die linke Halbposition kam, bei Bedarf die Zeit verschleppte oder aggressiv in die Abwehr ging. Trotzdem kam Melsungen noch einmal in Reichweite. Stefanssons neuntes Tor war der Anschluss, sein zehntes der 23:23-Ausgleich (58.). Und als Jannik Büde Webers Wurf an den Innenpfosten lenkte und anschließend sicherte, war plötzlich alles wieder drin.

Unfassbare Dramatik, alles auf eine Karte von Trainer Florian Weiß mit dem siebten Feldspieler – geblockt, Ball bei Münster 14 Sekunden vor Schluss. Aber die reichten nicht mehr, weil sich alles, was rot-weiß trug und auf dem Feld war, reinwarf. Ein letzter geblockter Ball ins Seitenaus, dann war Schluss und die gerechte Punkteteilung amtlich. Nein, auch im elften Anlauf kein Sieg für Melsungen, dafür die mit Abstand beste Saisonleistung und ein Spiel, wie es mitreißender in Deutschlands dritthöchster Spielklasse kaum sein kann.

Statistik
MT Melsungen 2: Krawczyk (12 Paraden / 21 Gegentore), Büde (4 P. / 2 G.), Hüter (bei einem Siebenmeter, 0 P. / 1 G.); Stefansson 10, Altena 2, Wöhler, König 5, Fitozovic, Lüder, Wilfer 2, Andrei 3/1, Pregler, Rietze, Kopeinigg 1, Atting – Trainer Florian Weiß.
TSG Münster: Jepsen (10 P. / 23 G.), Welkenbach (n. e.); Treber 1, Manso, Schneider 5, Herr, Grusovnik, Ulshöfer 2, Fuhrig 1, Kosch 1, Gerntke, Liebeck 1, Jockel, Weber 6/1, Fegert 1, Gollan 5 – Trainer Daniel Wernig.
Schiedsrichter: Peter Abel / Christian Herpolsheimer (Fürth / Erlangen) – Zeitstrafen 6 : 4 Minuten – Strafwürfe 1/1 : 2/1 - Zuschauer: 77.

Verlauf: 0:1 (2.), 2:5 (9.), 6:7 (15.), 8:8 (18.), 11:9 (22.), 11:11 (Halbzeit) – 12:12 (33.), 15:13 (35.), 15:16 (38.), 16:20 (46.), 19:21 (48.), 19:23 (52.), 21:23 (56.), 23:23 (Ende).

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